Künstlerischer Leiter des Bachchores Gütersloh
Eigentlich wollte ich immer einen Bachchor leiten. Seit Jugendtagen: schon als Vierzehnjähriger legte ich die Schallplattenaufnahme der Bach’schen H-moll-Messe des Bachchores München unter der Leitung von Karl Richter auf – und dazu wagte ich meine ersten dirigentischen Versuche, d. h. ich gestikulierte wild in der Luft herum.
1992 erhielt ich die künstlerische Leitung des Bachchores Gütersloh. Eine verantwortungsvolle Aufgabe für das zarte Alter von 28 Jahren! Auch wenn meine Armbewegungen inzwischen kontrollierter waren...
Natürlich pflegen der Bachchor und ich das Werk des Namenspatrons regelmäßig und mit besonderem Enthusiasmus, aber Bach dominiert unsere Programmgestaltung nicht! Wir lieben abwechslungs- und kontrastreiche Programme und versuchen uns mit Herzblut am Gregorianischen Choral, an der Marienvesper von Claudio Monteverdi, an Motetten der „Geistlichen Chormusik 1648“ von Heinrich Schütz, aber mit ebensoviel Verve an Werken der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wie z. B. „Orpheus behind the wire“ von Hans Werner Henze.
Ein erster großer Höhepunkt unseres Zusammenwirkens war die Teilnahme am Deutschen Chorwettbewerb 1997/1998. Die Landesentscheidung in Wuppertal brachte uns einen ersten Preis und eine Weiterleitung zum Bundeswettbewerb nach Regensburg, also ausgerechnet in meine geliebte Heimatstadt. Aufgefallen sind wir dort durch die tief empfundene Interpretation des „Abschiedslieds“ von Johannes Brahms, durch ein virtuoses „Sanctus“ aus der Messe von Frank Martin und durch ein deklamatorisch ausgefeiltes „Die mit Tränen säen“ von Heinrich Schütz. Wir haben es damit aufs Treppchen geschafft und uns einen dritten Preis ersungen.
Bewegende Gottesdienste – besonders die Gottesdienste mit Bachkantaten liegen uns am Herzen –, gelungene Konzerte mit A-cappella-Musik und mit orchesterbegleiteten Kompositionen sowie viele wunderbare Reisen nach Süddeutschland, Frankreich und Schweden liegen hinter uns. Die bisher weiteste Konzertreise führte uns im Milleniumsjahr 2000 nach Singapur, wo wir mit dem Singapur Symphonieorchester die H-moll-Messe aufführten. Der Interkontinentalflug, das Eintauchen in eine neue und fremdartige Welt, die anrührenden musikalischen Erlebnisse mit dem Orchester machten diese Unternehmung zu einem unvergesslichen Erlebnis für die Chorgemeinschaft und mich. Apropos Chorgemeinschaft: Der Chor und ich, wir feiern gerne: nach der Probe, nach den Konzerten, während der Chorwochen oder auch gerne mal, wenn gar nichts anliegt…
Mein Jugendtraum, einen Bachchor zu leiten, ist wahr geworden. Das erspart mir nicht die Mühe, ihn immer wieder neu Gestalt annehmen zu lassen und neue Ziele zu stecken: Unser Repertoire darf und soll weiter werden. An jede Wiederaufnahme eines oratorischen Standardwerkes wollen wir mit frischer Begeisterung und Lust am Neu-Entdecken herangehen. Und obwohl ein großes Konzert in der Vorbereitung aufwändiger ist und deshalb bedeutungsvoller wirkt als kurze Beiträge zu einem Gemeindegottesdienst, hüten wir uns davor, beides gegeneinander auszuspielen. Wir kennen unsere Bestimmung und wissen, wo wir hingehören. Auch hier weist Bach die Richtung: Soli Deo Gloria. Oder, wie mein alter Domkapellmeister in Regensburg uns vor jedem Domdienst einschärfte: „Mitfeiern, mitbeten!“
Besuchen Sie auch die Internetseiten des Bachchores unter www.bachchor-gt.de